Einer aktuellen Umfrage nach liegt den Deutschen der Mindestlohnam Herzen – und zwar
parteiübergreifend. Das zeigt der neue Deutschlandtrend. Die Diskussion hierzu wird auch im wirtschaftlich starken Kreis Stormarn geführt.
Deutschland ist eines der wenigen Länder in der EuropäischenUnion, das keinen gesetzlich
festgeschriebenen allgemeinen Mindestlohn hat. 20 von 27EU-Ländern haben diesen eingeführt.
Über viele Jahrzehnte war der Mindestlohn in Deutschland keinThema, denn Arbeitnehmer und Arbeitgeber waren in Verbänden organisiert. Der gewerkschaftliche Organisationsgrad hat nachgelassen, aber auch immer mehr Unternehmen verlassen die Arbeitgeberverbände, um nicht mehr an die Tarifverträge gebunden zu sein.
Der Mindestlohn stellt die festgelegte Lohnuntergrenze dar. Er soll dem Niedriglohn bzw. dem Lohnwucher entgegenwirken und verhindern, dass Fachkräfte trotz Vollzeitbeschäftigung ihre Existenz schwer finanzieren können.
Doch gibt es auch zahlreiche Argumentationen der Mindestlohnkritiker. Ob ein Mindestlohn
tatsächlich die Armut bekämpfen würde, ist nicht gewährleistet.Alleinerziehende oder Familien müssten unter Umständen trotzdem weiterstaatliche Hilfen in Anspruch nehmen. Außerdem wird befürchtet, dass je nach Höhe des Mindestlohns auch negative Effekte auf dem Arbeitsmarkt eintreten könnten, z.B. dass die Niedriglohnjobs wegfallen oder ins Ausland ausgelagert werden könnten. Ein weiteres Problem ist die Kontrolle der Einhaltung des Mindestlohns, die wiederum mehr Bürokratie verursachen könnte. Und letztlich werden eine Einschränkung der Tarifautonomie und ein zunehmender Bedeutungsverlust der Gewerkschaften befürchtet.
Derzeit sind in Deutschland rund ein Dutzend solcher Branchenmindestlöhne in Kraft. Einen
Branchenmindestlohn gibt es bereits in den Bereichen,Abfallwirtschaft, Baugewerbe, Bergbau, berufliche Aus- und Weiterbildung,Dachdeckgewerbe, Elektrohandwerk, Gebäudereinigung, Gerüstbau, Steinmetzhandwerk, Wach- und Sicherheitsdienste, Maler und Lackierer und in der Pflege. Zum 1. August hat die Bundesregierung einen Mindestlohn von 10 Euro je Stunde für Gerüstbauer eingeführt.
Die Tarifautonomie soll gegenüber staatlichen Regelungen Vorranghaben. Da die
Tarifvertragsparteien praktisch in den Branchen mit Lohndumping nicht präsent sind, kann auch das Tarifvertragssystem dort nicht richtig greifen. Deshalb ist ordnungspolitisch der Staat gefordert, der damit auch den Marktmachtmissbrauch von Unternehmen gegenüber sozial schwachen Erwerbstätigen untersagt. Der Mindestlohn soll dann von einer paritätisch besetzten Kommission, bestehend aus Arbeitgebern und Gewerkschaften, festgelegt werden.
Es lohnt sich, die aktuellen Koalitionsverhandlungen aufBundesebene zu beobachten. Der
Mindestlohn ist ein wirtschaftliches- und sozialpolitisches Thema.
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